

Warum chinesische Auslandsinvestitionen stark steigen
Chinas Präsenz als einer der Hauptakteure auf der globalen Investitionslandschaft ist klar belegbar. Milliardeninvestitionen in europäische Firmen liest man immer wieder. Zu den größten Transaktionen im vergangenen Jahr zählten die Übernahme von Logicor durch die China Investment Corporation im Wert von EUR 11,7 Mrd., den Erwerb vom deutschen Energiedienstleister Ista durch Cheung Kong Property Holding für ca. EUR 5,7 Mrd. oder die 43 Mrd. USD Rekordübernahme der Schweizer Syngenta AG durch China National Chemical Corporation im Jahr 2016.
Dieser Trend der chinesischen Auslandsinvestitionen wurde vor Jahren von chinesischen staatseigenen Unternehmen ausgelöst. Heute haben private Unternehmen diesen Trend verstärkt und Hotels, Mode-Unternehmen und sogar Fußball-Teams erworben. Doch ebenso wie Chinas Ausland-Investitionen wachsen, so sind es auch die Zweifel im Westen, warum diese ehrgeizigen Akquisitionen in einem solchen Umfang stattfinden. Warum richten die Chinesen ihren Fokus wirklich hauptsächlich auf das Ausland und, im Speziellen, auf den Erwerb europäischer Unternehmen?
Perspektivenwechsel
Ich habe den chinesischen Akquisetrend aufmerksam verfolgt und kann die Zweifel unter europäischen Unternehmen verstehen. Die Sorgen gehen von Arbeitsplatzverlusten hin zu ungewissen Aspekten der Kontrolle nach Übernahmen durch Chinesen. Der Fehler ist jedoch, dass europäische Unternehmen selten versuchen, die Situation aus Sicht der Chinesen zu betrachten. Schon vor ein paar Jahren hörte ich den Satz „China hat eine Menge Geld, aber wir haben keine Zeit“ von einem einflussreichen chinesischen Unternehmer. Ich war überrascht. Er war nicht nur ehrlich und direkt, sondern gab mir auch eine Möglichkeit, die Akquisition aus seiner Perspektive, und mit seinen Interessen und Hintergründen zu sehen. Lange danach dachte ich noch an seine Worte, als ich die Welle chinesischer Investitionen verfolgte. Und es machte Sinn. Schließlich verfügt China über eine immense Menge an Finanzmitteln, die in nationale Unternehmen investiert werden können oder für die Finanzierung neuer Unternehmungen im eigenen Land verwendet werden. Die ausschließliche Verwendung dieser Mittel für inländische Projekte birgt aber auch viele Nachteile:
- Westliches Know-How / Technologie – Chinesische Unternehmen können das westliche Know-how nicht in allen Industrien durch eigene Kraft aufholen, wollen sie doch dem hohen Anspruch, eine High-Tech-Industrie aufzubauen, gerecht werden
- Zeitfaktor – China will keine Zeit verlieren, um bestimmte Technologien zu entwickeln
- Brands – Hinzu kommt, dass der Aufbau von eigenen Markennamen schwierig und langwierig sein kann, und diesen Marken würde die besondere Anziehungskraft fehlen, die begehrte ausländische Fabrikate in China genießen
Also, was sollen die Chinesen mit den Mitteln tun, die Sie zur Verfügung haben? Richtig, in existierende und vielversprechende Marken im Ausland investieren.
Das schnelle Wachstum durch strategische Akquisitionen im Ausland zu fördern, ist heute einer der wichtigsten Treiber für China. Die chinesischen Regierungsinstitutionen setzen diesen Trend durch staatliche Subventionen, als Teil ihrer Go-Out-Politik zur Diversifizierung der Wirtschaft, fort.
Das Ergebnis ist ein starker Impuls für die Positionierung im Heimatmarkt. Das dominierende Motiv für den Erwerb von namhaften ausländischen Markennamen, sowie technologischem Know-how, ist vor allem der zu erwartende Synergieeffekt für die chinesischen Firmen in China. Bisher sieht nur ein geringer Prozentsatz den Marktzugang im Ausland als dominante Triebfeder, auch wenn ich erwarte, dass dies in den nächsten fünf Jahre an Bedeutung gewinnen wird.
Bedenken auf beiden Seiten
Während europäische Unternehmer und Politiker häufig ihre Ängste in Bezug auf mögliche Arbeitsplatzverluste und eine Verlagerung von Know-how und lokalen F&E Aktivitäten äußern, haben chinesische Investoren tatsächlich sehr ähnliche Bedenken. Die chinesischen Investoren sind häufig besorgt, dass das Personal des Zielunternehmens aufgrund mangelnden Vertrauens oder Ängsten vor möglichen Änderungen durch die neuen chinesischen Eigentümer das Unternehmen verlassen könnte. Chinesischen Firmen ist jedoch klar, dass der Verlust von lokalem Management und hochqualifizierten Mitarbeitern ein großes Risiko bedeutet.
Ein weiteres Problem sind kulturelle Missverständnisse, die immer noch ein Hindernis darstellen. Auch das Fehlen etablierter Netzwerke für chinesische Unternehmen in den Zielländern ist ein weiteres entscheidendes Hindernis für chinesische Investoren auf der Suche nach nachhaltigen Akquisitionen.
Gemeinsamer Nutzen
Vielleicht ist einer der Hauptbereiche, in dem sich die Chinesen und die Europäer letztlich unterscheiden, im Ansatz der Unternehmensbewertung zu sehen. Im Allgemeinen verwenden chinesische Käufer ähnliche Methoden wie ihre westlichen Gegenüber. Die Schlüsselindikatoren zur Bewertung eines Unternehmens sind discounted Cash-Flow, Marktvergleichswerte (EV/EBITDA, P/E multiples, usw.) und Erfahrungswerte aus Transaktionen den letzten Jahren.
Einige Besonderheiten sollten jedoch berücksichtigt werden. Chinesische Entscheidungsträger sind beispielsweise mit Bewertungstheorien oft weniger vertraut und konzentrieren sich mehr auf das Nettoeinkommen als auf den Cash-Flow, wodurch P/E-Multiplikatoren an Gewicht gewinnen. Dies führt manchmal zu höheren Bewertungen für Unternehmen mit einem guten Nettoeinkommen aber einem ungünstigen operativen Cashflow.
Hinzu kommt der wesentliche Faktor, dass die Attraktivität, und somit die Bewertung von Firmen durch die zu erwartenden Synergieeffekte und Absatzsteigerungen am chinesischen Markt, steigt. Chinesische Unternehmen investieren nicht um Arbeitsplätze zu eliminieren, sondern um effiziente globale Synergien zu schaffen.
Fazit
Der Unterschied in der Unternehmensbewertung ist sicherlich ein positiver Aspekt für Europa, sollte aber nicht der entscheidende Faktor sein. Die Kunst, das fehlende Verständnis auf beiden Seiten zu beseitigen und zu der Erkenntnis zu gelangen, dass die meisten Bedenken tatsächlich auf der europäischen sowie chinesischen Unternehmerseite sehr ähnlich sind, hilft enorm im Verlauf eines M&A Prozesses.
Kompakt und kurzweilig! Vielen Dank